Gottfried Grasser, Teamchef des Grasser Racing Teams, über die Zukunft der DTM und seines Rennstalls und welche Lösungen das Regelchaos und Startcrashs verhindern sollen.
JB: Welche Veränderungen werden 2023 entscheidend sein? Wurde da schon der Dialog mit den Verantwortlichen rund um Gerhard Berger gesucht?
Gottfried Grasser: Die Kommunikation mit den Teams und den Verantwortlichen funktioniert sehr gut in der DTM. Von unserer Seite kommt technisch einiges auf uns zu. Der „Evo 2“, ein komplett neuentwickeltes Fahrzeug von Lamborghini. Die Aerodynamik wird sich grundlegend verändern. Bremsen und Motor werden ebenfalls grunderneuert. Auch andere Teams rüsten sich stärker für den Meisterschafts-Kampf. Auf sportlicher Sicht liegen auch einige Themen auf dem Tisch, Stichwort Indy-Start.
JB: Welche Alternativen zum
Indy-Start werden diskutiert?
Gottfried Grasser: Es ist nicht einfach, eine
passende Lösung zu finden. Wir Teams sind für einen Einzelstart, da das Risiko
von Unfällen niedriger ist. Je weniger Unfälle, desto niedriger sind die
Zusatzkosten. Ein Faktor, den man nicht unterschätzen darf, ist aber die Show.
Wenn wir alles geordnet machen würden, sind wir auf dem Weg zu einer
langweiligen Serie.
JB: Wie bekommt man das „Regelchaos“ unter Kontrolle?
Gottfried Grasser: Meiner Meinung nach, wäre ein Strafenkatalog ein großer Vorteil. Vor Saisonbeginn soll man mit den Teams jedes Vergehen und die dazugehörige Strafe besprechen. Man steht dann das ganze Jahr dazu und das passt. Für die nächste Saison wird es eine adäquate Lösung geben.
JB: Das große Ziel von
Grasser Racing war stets die Teilnahme an den 24-Stunden-von-Le-Mans. Wie nah
ist man diesem Ziel oder anders gesagt wie aktuell ist dieses Ziel?
Gottfried Grasser: Nach wie vor
hochinteressant, aber die Startplatzanzahl ist limitiert. Momentan liegt unser
Fokus nicht darauf.
JB: Vom Team mit dem Toaster zum Team mit dem Brawn-Motorhome. Wie sind die Auswirkungen der Expansion von GRT?
Gottfried Grasser: sehr positiv! Dass der
Traum, eine der besten GT-Teams der Welt aufzubauen, Wirklichkeit geworden ist,
erfüllt uns alle jeden Tag. Die Leichtigkeit ist dennoch etwas verloren
gegangen. Heute arbeiten wir intensiv nach Plänen und Zielen.
JB: Sie sagten in einem
Interview, dass sie sich nicht als Teamchef sehen. Wie kann man das verstehen?
Gottfried Grasser: lacht weil ich
einfach vernarrt in die Technik bin. Natürlich gehört das Administrative auch
dazu, aber die Technologie fasziniert mich bis heute.
JB: Die erste Saison von GRT
in der DTM liegt hinter uns. Was unterscheidet die DTM von anderen Klassen wie
den ADAC GT Masters abgesehen von der Bekanntheit?
Gottfried Grasser: Es wird, wenn man etwas
braucht, alles freundschaftlich gehandhabt. Man achtet sehr stark auf die
Bedürfnisse der einzelnen Teams. Die DTM strahlt durch ihre Arbeitsweise,
Professionalität und Seriosität, aus. Durch Performance-Pit-Stops rückt das
Team immer mehr in den Vordergrund. Der Teamflair verbessert sich, weil jeder
Mitarbeiter einen großen Einfluss auf das Rennergebnis hat. Ein großes Plus ist
auch die Qualität der Fahrer, welche mittlerweile in der DTM höher ist als in
der ADAC GT-Masters
JB: Zuletzt beklagte Ralf Schumacher den Verlust der Formel-3 im Rahmenprogramm der DTM. Man sprach von schweren Zeiten für den Motorsportnachwuchs im deutschsprachigen Raum. Wie denken Sie darüber und welche Möglichkeiten gibt es, junge Fahrer aus dem deutschprachigen Raum wieder in den internationalen Motorsport zu bringen?
Gottfried Grasser: Ja, es fehlt definitv an Nachwuchs. Die Formel-4 schließt glücklicherweise die Lücke etwas. Dennoch bleibt es schwierig im Formelsport. Da passiert eh viel im Sinne der FIA und der Formel-1. Man muss bereits im Kartsport entscheiden, wo es hingehen soll. Der Weg Formel-1 ist ohne das richtige Umfeld fast unmöglich geworden. Darum ist es wichtig, im GT-Nachwuchssport zu fördern, weil dort Talente viel mehr Chancen gegeben werden. Je besser man reflektiert, desto größer ist die Chance auf eine große Karriere.
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